In Russland funktionieren keine großen Siemens-Martin-Öfen mehr (auf Russisch heißen sie einfach Martinöfen): Der letzte davon wurde im März in Wyksa (Gebiet Nischni Nowgorod) außer Betrieb gesetzt, berichtet die Onlinezeitung vz.ru.
„Zu Ende geht eine ganze historische Epoche im Hüttenwesen“, sagte Anatoli Sedych, Vorsitzender des Direktoriums des russischen Konzerns OMK, dem das Hüttenwerk in Wyksa gehört. Allerdings soll die Umweltsituation laut Sedych nun besser und die Arbeit weniger gesundheitsschädlich werden.

Solche Öfen waren laut Chudalow aber nicht nur im Sinne der Kriegsführung von besonderer Bedeutung: „Während der schwierigen Phase, als sich sowohl das technische Personal als auch die wirtschaftlichen Möglichkeiten des Landes auf einem niedrigen Niveau befanden, haben uns gerade die Martinöfen mit ihrer Anspruchslosigkeit und Toleranz gegenüber Fehlern und Patzern des Personals ermöglicht, die Länder des Westens einzuholen und in mancher Hinsicht zu überholen.“
„Ohne Martinöfen hätten wir ausländische Maschinen und Ausrüstungen, darunter auch Waffensysteme, kaufen müssen, wie man es heute in vielen Ländern Europas, Asiens und des Nahen Ostens macht“, betonte Chudalow.
Iwan Andijewski, Vizepräsident des Verbandes der Ingenieure Russlands, stimmt zu:
„Gerade über die Martinöfen vollzog sich zunächst die Stalin-Industrialisierung, dann der Kampf gegen den Nazismus, dann der Wiederaufbau der Industrie und deren sicheres Wachstum. Dank der Martinöfen konnten Züge, Panzer, Geschosse, Dampflokomotiven, Kriegsschiffe, Traktoren und vieles andere mehr produziert werden.“
Und trotzdem sind die Martinöfen nun Vergangenheit. Technologisch sind sie, wie vz.ru erläutert, „gnadenlos veraltet“ und werden seit nahezu 50 Jahren nicht mehr gebaut. In Sachen Produktivität, Sicherheit, Umweltfreundlichkeit und Zeitaufwand sind sie modernen Schmelzverfahren unterlegen.
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