Gemeinsam mit seiner Partnerin Sahra Wagenknecht habe Oskar Lafontaine ein Papier verfasst, das einer linken Sammlungsbewegung dienen solle, wie der „Spiegel“ schrieb. Wagenknecht ist die andere Ausnahme-Escheinung. Sie brauche keine Partei, meinte Wolfgang Gehrcke einmal. Der Mann war lange Zeit DER Mann für Frieden und Außenpolitik in der Linkspartei. Mit ihrer Medienpräsenz, meinte Gehrcke, könne Wagenknecht ihre Positionen auch ohne Partei veröffentlichen.
Das ist Fluch und Segen zugleich. Ein Segen ist es, wenn kluge Leute ohne die Ochsentour über Gremien und Zirkel der Bevölkerung ihre Meinung direkt sagen können. Zum Fluch kann das werden, wenn damit die Bevölkerung zum puren Empfänger degradiert wird. Und die Medien, denen Wagenknecht und Lafontaine den Auftrag zur Verbreitung ihrer Botschaft anvertraut haben, sind längst die Botschaft selbst: Apparate, die Teil des Herrschaftsapparates sind.
Marx und Engels, die von Wagenknecht und Lafontaine fraglos zu ihren Vor-Eltern gezählt werden, haben sich bei der Entwicklung und Verbreitung des „Kommunistischen Manifestes“ immerhin auf den „Bund der Kommunisten“ gestützt. Jene 500 Menschen, die man als Elite der neuen Sicht auf die Welt begreifen musste. Menschen, die aus der bürgerlichen Revolution kamen, dort das Bewegen gelernt hatten und bereit für eine neue Revolution waren.
Zwar ist zur Zeit keine neue politische Revolution zu erkennen. Aber Bewegungen gibt es selbst in Deutschland jede Menge: Immer noch existiert eine Umweltbewegung. Auch wenn die Friedensbewegung müde erscheint: Es gibt sie. Bewegen sich die Gewerkschaften? Zu selten, aber wenn, dann nachhaltig im sozialen Raum. Selbst eine Antiglobalisierungsbewegung findet zuweilen statt. Und eine Mieter- und Kitabewegung hat erste Schritte unternommen. Erreichen die beiden Einzelkämpfer diese Gruppierungen? Und nehmen die Bewegungen die beiden wahr?
Die SPD zerfällt weiter. Die Grünen haben sich weit, weit von ihren radikaldemokratischen Anfängen entfernt. Die Linkspartei ist längst im parlamentarischen Aspik konserviert. Das sehend, ist der Versuch von Lafontaine und Wagenknecht, die Reste sozialer Politisierung zu sammeln und neu zu formieren, nur zu verständlich.
„Linke, vereinigt euch!“ schrieb Oskar Lafontaine schon im Februar dieses Jahres auf seiner Seite. Auf seine Frage „Aber wer gehört überhaupt zur politischen Linken?“ fiel ihm eine französische Antwort ein: „Die traditionellen Milieus“, zitiert Lafontaine die Bewegung La France insoumise, „hätten sich aufgelöst, neue Formen der politischen Willensbildung müssten daher gefunden werden. Die politischen Parteien seien bürokratisch erstarrt und immer weniger willens, die Interessen der Arbeitnehmer und Rentner zu vertreten.“ So weit so richtig auch für Deutschland. Aber welchen Weg soll ein neues deutsches linkes Manifest gehen?
Der Weg allein über die etablierten Medien, obwohl sie nahezu alle den Wagenknecht-Lafontaine-Versuch notiert haben, ist eine Sackgasse. Denn es sind genau diese Medien, deren Interpretationsmacht, deren Definitionshoheit der Bevölkerung den direkten Zugang zu Erkenntnissen und Kennnissen verwehrt. Nur selten werden sie von den Normalos als Gegner begriffen. Als der Begriff von der „Lügenpresse“ auftauchte, wurde er auch von links als rechts wahrgenommen. Als seien es nicht gerade die Linken, über die von den bestimmenden Medien regelmäßig Kübel von Lügen ausgegossen wurden oder die durch gründliches Verschweigen kleingehalten werden.
Ein linker Kampf um die Macht muss beim Kampf gegen die herrschenden Massenmedien beginnen. Aus der Kritik am Medien-System kann ein neuer Zugang der Massen zu ihrer Selbstermächtigung entstehen. Damit aus dem Gerücht ein Faktum wird, braucht es eine Bewegung gegen Medienmanipulation.
Quelle: www.rationalgalerie.de
* Die Meinung des Autors muss nicht der Redaktionsmeinung entsprechen.
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