Kommen sie dann zurück, dann haben sie was zu erzählen: Wie gut sie sich mit ihren Gesprächspartner vertragen hatten, konnten deutsche Kanzler zum Beispiel immer erzählen, wenn sie irgendeinen der diversen US-Präsidenten besuchten. Grüne Volksvertreter sind gerne mal austreten, wenn es um Abstimmungen rund um Auslandseinsätze der Bundeswehr geht: Dann muss man nicht echt „Nein“ sagen, aber man muss der Parteibasis auch nicht erklären, warum man „Ja“ gesagt hat: Man musste eben mal. Mancher Abgeordnete bringt auch Geschenke mit nach Haus: Jemenitische Krummdolche, chinesisches Porzellan oder afghanische Umhänge werden im Auswärtigen Amt gesammelt. Dass deutsche Parlamentarier ins Ausland fahren, um der Demokratie ein Geschenk zu machen, ist eher selten. Aber es geht. Bewiesen von den Bundestagsabgeordneten der Linkspartei, Sevim Dağdelen und Andrej Hunko.
Auch der Abgordnete Andrej Hunko war nach einer Reise in den deutschen Medien. Denn der Parlamentarier der Linkspartei besuchte bei seiner Reise nach Venezuela den Staatschef Maduro. Das ist bei Besuchen im Ausland ziemlich üblich. Aber die deutschen Medien mochten sich kaum fassen vor lauter Empörung. Und sie konnten sich dabei auf brave Vertreter der Großen Koalition stützen, die sich aufplusterten, als habe man ihnen die Lobby-Zuwendungen gekürzt. Es sind dieselben Politiker, die mörderische Auslandseinsätze der Bundeswehr regelmäßig durchwinken. Und die gleichen, die gerne Besuche von US-Präsidenten beklatschen, egal, ob die im Irak morden lassen oder gemeinsam mit den befreundeten Saudis das jemenitische Volk in den Hunger- und Seuchen-Tod stürzen. Aber jemanden wie Maduro, der sich gegen die USA wendet, besuchen, das geht für sie gar nicht.
Sevim Dağdelen und Andrej Hunko fanden sich vor ein paar Tagen gemeinsam bei der „Tagesschau“ wieder. Unter der Überschrift „Maduro-Foto mit Spätfolgen" wird Dagdelen sogar zitiert, sie beklage einen „Putschversuch", den US-Präsident Trump „wie bestellt unterstützt". Der Vorspann zur „Tagesschau“-Meldung hält für Hunko auch gleich eine Rüge bereit: „Die Bundesregierung hat den venezolanischen Übergangspräsidenten Guaidó anerkannt. Das hielt den Linken-Abgeordneten Hunko aber nicht von einem Treffen mit Staatschef Maduro ab." Tatsächlich hat Hunko einfach von seinem Recht als gewählter Abgeordneter Gebrauch gemacht. Das findet die „Tagesschau“ so empörend, dass sie ganz schnell den Linken-Politiker Liebich zu Venezuela erwähnen muss, obwohl die Linkspartei im Staatsfunk höchst selten zitiert wird, um die Haltung von Dağdelen und Hunko zu konterkarieren. Liebich kommentiert: „Mit dem ‚Sozialismus‘, den ich mir wünsche, hat das nichts zu tun."
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So geht Parlamentarismus eben auch: Dass Abgeordnete die leicht erhöhte Bühne des Bundestages nutzen, um der Öffentlichkeit jenen Zipfel der Wahrheit zu präsentieren, der sonst im Dunkel der Medien-Öffentlichkeit nur schlecht zu sehen ist. Es war Sevim Dağdelen, die in einer Bundestagsdebatte über die Krimkrise Brecht zu zitieren wußte: „Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Aber wer sie weiß und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher!“. Wie schön, dass sich umgehend in einer gemeinsamen Erklärung die Linken-Partei- und Fraktionsvorsitzenden Katja Kipping, Bernd Riexinger und Strippenzieher Gregor Gysi von ihr distanzierten; da weiß man doch, wo man dran ist. Auch Andrej Hunko hat im Bundestag der Wahrheitsfindung nachdrücklich gedient: Er sprach sich 2009 angesichts der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise für „soziale Unruhen“ aus, die fälschlicherweise „gezielt mit Gewalt und Faschismus in Verbindung gebracht“ würden. Das Gegenteil sei jedoch der Fall, wie das Beispiel Island zeige: „Sozialer Protest gegen die Krise kann eine Regierung stürzen, Neuwahlen erzwingen und neue gesellschaftliche Hoffnung erzeugen“. Es gibt in der Linken mehr als nur die beiden, die die Wahrheit als Waffe einsetzen. Aber es sind weniger geworden.
Quelle: www.rationalgalerie.de
* Die Meinung des Autors muss nicht der der Redaktion entsprechen.
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