Das diesjährige Motto erinnert an den „Tuwat“-Kongress, der im September 1981 in Berlin tagte, und an den Aufruf TUWT.TXT in der damals noch jungen „Tageszeitung“ (taz). Dort hieß es, Computer-Hacker sollen sich doch mal treffen und zusammen die Welt verbessern, so der Journalist Enno Lenze im Sputnik Interview. Für ihn selbst ist es der 21. Kongress:
„Jedes Jahr gibt es eben irgendein Motto und dieses Jahr dachte man, besinnen wir uns doch an den Anfang, das allersimpelste. Alle zusammen sollen irgendwie die Welt schöner und besser machen und mal anpacken. Das ist also eine Hommage an die Gründerzeit des Clubs.“
Bei der Vielzahl der Vorträge sei es schwer den Überblick zu behalten. Neben den vier Hauptvortragssälen gebe es auch noch unzählige kleinere Bühnen, auf denen Leute spontan etwas erzählen könnten. Thematisch gehe es viel um Überwachung, Staat und Zensur, rund um die Welt. Lenze, der auch Geschäftsführer des Berlin Story Verlags ist, meint dazu:
Lichtscheue elektrische Kakerlaken
Die Skala der Themen reiche von Spielerei über Lustiges und Praktisches bis hin zu ernsten Themen der Welt. Für Lenze ist es diese Kombination, die den Kongress bis heute ausmacht. Sogar einen „Kidspace“, einen Raum für Kinder, gibt es seit einigen Jahren auf dem Chaos Communication Congress. Dieses Jahr sind hunderte von Kindern ab fünf, sechs Jahren in einem riesigen Bereich, in dem auch kleine Sachen gelötet werden, berichtete Lenze, zum Beispiel eine elektrische Kakerlake, die einfach immer vor Licht wegrennt und sich im Dunkeln versteckt.

„So will man Leute an Technik heranführen und sagen, guck dir doch mal an, wie das funktioniert. Ein Handy kaufen kann jeder, aber was findet denn dahinter statt, das denk mal selbst und irgendwie: ‚tuwat‘, also löte selbst.“
Öffentlichkeitsscheue Hacker
Der Kongress tagt zum ersten Mal in den Messehallen in Leipzig. Chaos Computer Club-Altmitglied Tim Pritlove sagte dazu beim Start der Großveranstaltung:
„Auch heute herrscht gehobener Revolutionsbedarf, erst recht in Sachsen. Die Täler müssen mit Ahnung geflutet werden.“ Lenze gefällt der Austragungsort überraschend gut: „Die eine Halle ist komplett abgedunkelt, damit man alles leuchten sieht und die ungeduschten Hacker nicht so im Rampenlicht stehen müssen. Zum anderen hat man in der Mitte eine Glashalle, die ein bisschen an einen großen Bahnhof erinnert, da gibt es Tageslicht und frische Luft. Diese Kombination gefällt mir schon sehr gut. Es werde immer größer und dadurch weniger familiär, internationaler und jedes Jahr mehr. Das finde ich sehr schön.“
Vor mehr als zehn Jahren habe es die Diskussion gegeben, ob der Kongress klein bleiben oder geöffnet werden soll. Die Entscheidung fiel, die damals auch gerade Pritlove sehr verfochten hat: öffnen, groß werden und mit großen Gebäuden leben. „Das war die richtige Entscheidung“, meint Lenze heute dazu.
Bolle Selke
Das komplette Interview mit Enno Lenze zum Nachhören:
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