Merkels Ankündigung, im Dezember nicht mehr als CDU-Vorsitzende zu kandidieren, hat Nils Diederich nicht überrascht. Nach den Ergebnissen der Wahlen in Bayern und Hessen hatte der Politikwissenschaftler mit Konsequenzen gerechnet. Denn: „Frau Merkel hat selber gesagt, sie will einen würdigen Abgang haben. Sie möchte nicht das Schicksal erleben, das sie selber Herrn Kohl bereitet hat: dass sie gestürzt wird.“
Inzwischen stehen drei Kandidaten fest, die die Christdemokraten künftig führen wollen. Ihre Chancen auf das Amt beurteilt Diederich unterschiedlich. Die Chancen für Friedrich Merz, der am Dienstag seine Hut offiziell in den Ring geworfen hat, schätzt der Politikwissenschaftler eher gering ein:
„Ich halte Merz für überaltert. Es ist dieselbe Generation wie Frau Merkel. Er ist schon von Merkel rausgedrängt und nach Kohl´scher Manier kaltgestellt worden. Dann ist er schmollend aus der Politik ausgeschieden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass so jemand von seiner Partei wiedergewählt wird.“
Annegret Kramp-Karrenbauer gilt als Merkels Ziehkind. Darum wechselte die 55-Jährige als Ministerpräsidentin des Saarlandes nach Berlin, um hier den als unbequem geltenden Posten der CDU-Generalsekretärin zu übernehmen. Das ist für Diederich auch ihr Problem.
„Es ist ein Nachteil von Frau Kramp-Karrenbauer, dass sie als die ausgewählte Kandidatin von Frau Merkel gilt. Schon in ihrer Fraktion ist sie damit gescheitert (Volker Kauder verlor die Wahl als Union-Fraktionschef gegen Ralph Brinkhaus – Anm. d. Red.). Ihr einziger Vorteil wäre, dass die weibliche Seite innerhalb der Union sagen würde: Wieder eine Frau – das wäre doch sehr schön.“

Merkel hat erst die FDP erledigt, jetzt die SPD
„Dieser Weg war für die CDU und Frau Merkel ja sehr erfolgreich“, sagt Diederich. „Frau Merkel hat erst die FDP erledigt, die sich jetzt mühselig erholt hat. Und sie ist gerade dabei, die SPD zu erledigen.“ Es sei ausschließlich Merkels Führungsstil zu verdanken, dass die SPD als Herausforderin der CDU aus dem Weg geräumt wurde.
Dritter Kandidat für den CDU-Parteivorsitz ist Jens Spahn. Der Bundesgesundheitsminister gilt als junger Vertreter des konservativen Flügels. Nicht zuletzt deshalb ist er für Diederich ein aussichtsreicher Bewerber:
„Jens Spahn hat die größte Chance, verloren gegangene Wähler in Richtung AfD zurückzugewinnen. Das denke ich zweifellos. Zudem hat er die größere Chance, die Erschütterung zwischen CDU und CSU auszugleichen und zu glätten. Und es ist es zweifellos, dass er als Politiker ein klareres Profil hat als Frau Kamp-Karrenbauer.“
Zum Schluss verweist Diederich auf den Forsa-Chef Manfred Güllner. Dieser schrieb in einem Artikel in der Berliner Zeitung, es sei ein Irrtum zu glauben, dass die Union durch einen Rechtsruck gestärkt würde. Dies wäre sogar eine Gefahr. Darum könnte Jens Spahn auch neue Schwierigkeiten für die Union bringen.
Das komplette Interview mit Nils Diederich hören Sie hier:
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