Die Ausstattung mit Kampffahrzeugen ist eigentlich für alle europäischen Nato-Länder ein Problem – besonders aber für Deutschland und seine Bundeswehr, schreibt das Portal „vpk-news“. Es fehlt an Kampf- und Schützenpanzern ebenso wie an gepanzerten Truppentransportern. Besonders dringlich ist das Ausstattungsproblem bei leichteren Gefechtsfahrzeugen, die für einen raschen Einsatz im Osten Europas unersetzlich, weil luftverlastbar, wären.
Dieses Kampfgerät zu beschaffen, beschloss die Bundesregierung, nachdem Deutschlands Nachbar Frankreich 1981 den Radpanzer AMX-10RC (eigentlich ein „schweres Spähfahrzeug“) mit einem 105-mm-Geschütz in Dienst gestellt hatte. Die Verantwortlichen in Bonn wollten ein vergleichbares Fahrzeug für die Bundeswehr.
Denn die Nachteile dieser Technik (schwächerer Schutz und geringere Feuerkraft als beim Kampfpanzer) wiegen weniger im Verhältnis zu den Vorteilen: Radpanzer sind sparsamer, ausdauernder, schneller als Kettenfahrzeuge. Sie können ohne Tieflader ins Einsatzgebiet verlegt werden, ohne den Straßenbelag zu zerfurchen. Und: Aufklärung ist nur ein möglicher Einsatzzweck von Radpanzern. Feuerunterstützung von mobilen Einheiten, auch in urbaner Umgebung, ist ein anderer.
Mit der Entwicklung eines schweren Spähpanzers beauftragte die Bundeswehr den Daimler-Konzern. 1983 wurde ein Prototyp von Radpanzer 90 vorgestellt. Über 7 Meter lang, fast 3 Meter breit und rund 2,2 Meter hoch war das Gefechtsfahrzeug. Angetrieben von einem Turbodiesel mit 830 PS erreichte der Radpanzer auf befestigten Straßen ein Spitzentempo von 100 km/h.
Da in den Achtzigerjahren niemand einen Einsatz der Bundeswehr gegen sowjetische Panzer ausschließen konnte, musste auch dieses Kampfgerät gut geschützt sein. Deshalb entschieden sich die Ingenieure den Motor im Heck des Radpanzers anzuordnen, wie für einen Kampfpanzer üblich. Die Front des Radpanzers wurde mit 50- bis 60-mm-dicken Stahlplatten versehen, die dem Beschuss aus der 30-mm-Kanone eines sowjetischen BMP-2 auf mittlere Distanz standhielten.
Der Auftraggeber war mit der Neuentwicklung zufrieden, doch in Serie ging der Radpanzer 90 nicht: Der Warschauer Pakt war zerfallen, Deutschland war wiedervereint, das Rüstungsprojekt war Anfang der Neunziger endgültig Geschichte.
Doch: Die Erfahrung, die die Entwickler damals mit dem Radpanzer 90 gesammelt hatten, wurde in einem anderen Projekt umgesetzt. Anfang der 2000er Jahre präsentierte ein britisch-deutsch-französisches Konsortium das Gepanzerte Transportkraftfahrzeug (GTK) „Boxer“.
Dass das Rüstungsvorhaben doch noch erfolgreich sein würde, war nach dem Projektstart überhaupt nicht sicher. Erst Projektpartner Frankreich 1999 ausgestiegen, um einen eigenen Radpanzer zu bauen, den VBCI. 2001 kamen die Niederländer hinzu, 2004 verließen aber die Briten das Gemeinschaftsprojekt.
Die Bundeswehr nutzt das gepanzerte Fahrzeug seit 2011. Und wer weiß: Vielleicht wächst der „Boxer“ über die Funktion eines gepanzerten Transporters noch hinaus, schreibt das Portal. Medienberichten zufolge zeigt die deutsche Armee nämlich Interesse an einem Gefechtsfahrzeug von der Art eines Radpanzer 90, der einst die Grundlage für den „Boxer“ gelegt hatte.
Indes melden sich die Briten steigen nach knapp 15 Jahren zurück und wollen wieder in das „Boxer“-Projekt einsteigen. Medien berichten, es sei sogar geplant, eigens ein Fertigungszentrum für gepanzerte Fahrzeuge in Großbritannien aufzubauen, sollte die britische Führung sich dem Rüstungsprogramm wieder anschließen.
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