Anders als US-Präsident Donald Trump, der mit Protektionismus und Sonderzöllen Einfluss zu nehmen versuche, würden die Chinesen eine andere Politik verfolgen: Sie starten eine unglaubliche Investitionsinitiative, sagt Dr. Rudolf Hickel, Wirtschaftswissenschaftler und ehemaliger Direktor des Institutes für Arbeit und Wirtschaft. Die Welt werde ökonomisch und machtpolitisch völlig neu und anders aufgeteilt, als wir es bisher gewohnt seien.
„China ist dabei – ich sage jetzt mal – in die EU einzufallen. Allein in Deutschland haben die Chinesen im letzten Jahr 12,8 Milliarden Euro Direktinvestition. Da gibt es dringenden Handlungsbedarf. Und ich sage kritisch: Die EU ist auf diese Herausforderung überhaupt nicht vorbereitet.“
Die Gründe: Die EU habe das Projekt unterschätzt. „Sie war mit der Anti-Dumping- und der Zollpolitik der USA beschäftigt: Die Amerikaner erheben Sonderzölle auf Stahl und Aluminium, die EU reagiert mit Zöllen auf Harley Davidson Motorräder, jetzt drohen die USA mit 25-Prozent-Zöllen auf Autos.“
Demgegenüber fahre China große Infrastrukturprojekte auf, Eisenbahnlinien, Straßen und im maritimen Bereich. „Da ist China dabei mit großen Investitionen die EU-Länder gegeneinander auszuspielen. Allein in Duisburg, wo ein Schienenstrang der neuen Seidenstraße endet, haben die Chinesen angekündigt, 400 Unternehmen zu gründen.“Neuer Form von Imperialismus
Das sei eine neue Dimension oder – so könne man es auch ausdrücken – eine neue Form des Imperialismus: Beim alten wurden Länder militärisch und politisch erobert, jetzt werden sie ökonomisch erobert.
China sei dabei, sagt der Ökonom, zwei Dinge zu lösen: Das erste sei kurzfristig. Um die massiven Überkapazitäten im eigenen Land abzubauen, wurde fast eine Billion Dollar in die neuen Seidenstraßen-Projekte gesteckt. Zum zweiten den eigenen Machteinfluss zu vergrößern, durch eine imperiale Politik, die ganz leise daherkomme: Mit Hilfe des Kaufs und der Gründung von Unternehmen innerhalb der EU.
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„Problemland“ Italien, aber auch Deutschland im Visier
Das sei eine riesige Herausforderung für die Europäische Union, vor allem, wenn sie nicht im Gleichklang spricht und Länder sich herausbrechen lassen mit günstigen Prämien. Hickel nennt Italien, Mitglied der G7-Gruppe und der Europäischen Union. Das Land habe sich mit der Zusage zur Teilnahme an der Seidenstraße von der Linie abgesetzt.
„China ist natürlich geschickt im Ausspielen. Die italienische Regierung ist stinksauer auf die EU, weil Italien als „Bad Boy der EU“ gilt. Dadurch sei die Regierung offen für Chinas Werben. „Die Chinesen werden, wie jetzt vereinbart wurde, die Häfen von Genua und Triest ausbauen. Das ist ein Sprengsatz, der die Konflikte innerhalb der Mitgliedsstaaten verschärft.“
Inzwischen hätten die chinesischen Investitionen auch Deutschland erreicht. Hickel nennt die Stadt Duisburg in Nordrhein-Westfalen, in der die Eisenbahnlinie zur chinesischen Wirtschaftsmetropole Shenzhen enden soll. „In Duisburg haben die Chinesen schon angekündigt, dass sie 400 neue Unternehmen gründen“, sagt der Wirtschaftsexperte. „Das ist schon eine große Gefahr.“ Letztlich spiele das auch bei der Entscheidung um die Vergabe des 5G-Netzes eine Rolle, um die sich auch der chinesische Konzern Huawei beworben hat.
Dreiklang mit Russland
Beim Umgang mit dem Seidenstraßen-Projekt „One Belt, One Road“ spielten auch geostrategische Überlegungen eine Rolle. Hickel zitiert den ehemaligen Bundesminister Sigmar Gabriel (SPD), der jüngst von einer G2-Welt sprach und damit die USA und China meinte.
„Wir haben bisher nur über die EU gesprochen. Die ganz spannende Frage dabei ist: Welche Rolle spielt eigentlich Russland? Wenn man sich die Landkarte mit Blick auf die Seidenstraße ansieht, dann ist ja Russland mit mindestens zwei, drei Strecken via Moskau dabei. Darum wird es wichtig, dass ein Dreiklang hergestellt wird: Mit China, der EU und Russland.“
Deutschland ist gefährdeter als Frankreich
Letztlich, fasst Hickel zusammen, biete die Seidenstraße einerseits Chancen. Andererseits gebe es aber durch den massiven, imperialen Druck eine massive Bedrohung für die Wirtschaft in der EU. Das Gipfeltreffen mit China findet am 9. April in Brüssel statt.
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