Alexa, wie ist das Wetter? Alexa, wo kann ich Chinesisch essen? Was klingt wie ein etwas respektloser Umgang mit der Freundin oder der Ehefrau, ist in Wirklichkeit eine Anfrage an einen Sprachassistenten, der dann, vom Tonfall unbekümmert, die benötigte Information ausspuckt. Wie können sich solche Sprachassistenten auf das menschliche Miteinander auswirken?
„Alexa“ statt „Mama“ und Befehle statt Höflichkeit
„Die Sprachassistenten funktionieren nur dann, wenn man sehr direktiv spricht, also in der Befehlsform“, hebt Tatjana Lackner gegenüber Sputnik hervor. Lackner ist Gründerin und Direktorin der Schule des Sprechens aus Wien und hat sich mit solchen Fragen beschäftigt. Wenn wir nur noch kommunizieren, um etwas zu erfahren oder in Auftrag zu geben, könnte das auch Auswirkungen auf unsere Kommunikation untereinander haben, findet sie.

Ebenfalls besorgniserregend ist eine Umkehr der Digitalisierung, die nicht mehr Produkt menschlicher Arbeit und Instrument für diverse Tätigkeiten ist, sondern auch die Gefahr mit sich bringt, den Menschen zu einem Produkt der Technik zu machen: „Wir leben umgeben von Vertretern der Generationen X und Y, die Computern reden beigebracht haben. Mittlerweile haben wir aber auch die iGen: Babys, die jetzt geboren werden, lernen ihre ersten Worte sehr oft von Sprachcomputern“, teilt Lackner mit. „Es macht einen Riesenunterschied, ob wir Maschinen reden beibringen oder irgendwann der Computer uns die ersten Worte.“
Alexa kann keine „Atmosphäre“ erzeugen
Außerdem sei der Ton der grammatikalisch fehler- und akzentfrei sprechenden Assistenten ein Problem. Für eine Wetterauskunft und andere kleine Dienste seien Alexa, Siri & Co. gut genug, aber ein Hörbuch wolle sich sicher niemand von ihnen vorlesen lassen, denn sie würden es nicht schaffen, „Atmosphäre“ zu erzeugen.
Laut Lackner hat Alexa in diesem Bereich aktuell keine Chance: „Stimmungen regieren die Welt. Die Menschen kaufen sich Gefühle. Es geht sehr selten um ZDF, um Zahlen – Daten – Fakten, sondern immer wieder auch um RTL, um Ratschen – Tratschen – Labern. Es geht sehr stark um narrative Elemente, um Story-Telling“, erklärt sie. Das sei auch der Grund, warum gute Redner oft in Führungspositionen versetzt werden: Sie können schlichtweg im Gespräch mit Kunden Atmosphäre erzeugen und bestimmte Stimmungen auslösen.
Die Gefahr einer Monopolisierung
Schließlich warnt die Sprachtrainerin, die vor allem im Business-Bereich Coachings durchführt: Alexa treibe die Monopolisierung voran, indem sie denjenigen vorschlage, der sich bei ihr einkaufe. „Die Digitalisierung war ursprünglich einmal gedacht, um alle Dinge möglich zu machen und nicht um wenige siegreich zu machen“, merkt Lackner hier an. „Wenn aber die Frage nach dem Italiener bei Alexa ein bis drei Ergebnisse von Leuten befördert, die sich den Service von Alexa leisten können, dann schwindet genau diese Vielfalt, die der Idee der Digitalisierung zugrunde lag.
Außerdem ist Alexa ein übereifriger Zuhörer.“ Die Kommunikationstrainerin erzählt von einem Gespräch mit ihrem Mann in der Küche, in der auch der Sprachassistent installiert ist. Da hat Lackner ihrem Mann den Namen eines Hotels diktiert, damit er dieses über das Internet aufrufen könne. Später ging Tatjana Lackner in ihr Arbeitszimmer, um Beiträge für die sozialen Netzwerke und ihren Blog zu verfassen. Und Überraschung: Auf Facebook wurde im Banner schon das besagte Hotel eingeblendet.
Das Interview mit Tatjana Lackner in voller Länge:
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