Merkels Balkan-Reise ist angesichts der Griechenland-Krise wichtig. Wie Belgiens Außenminister Didier Reynders zuvor betonte, könnte ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone den Balkan destabilisieren. Griechenlands Einfluss in der Region ist ziemlich groß. „Es ist einer der größten Investoren in der Region. Es könnte nicht nur für solche Länder wie Mazedonien oder Montenegro, sondern auch vielleicht für Bulgarien zu negativen Folgen kommen“, so Reynders.
Nach Reuters-Angaben wirkt sich die Griechenland-Krise bereits auf Albanien aus. Viele Albaner arbeiteten früher in Griechenland, jetzt reisen sie nach Deutschland (allein im Mai kamen 4900 albanische Einwanderer nach Deutschland, von Januar bis Mai waren es insgesamt rund 16.000).
Merkel sprach zwar von der Aufnahme eines Dialogs zum EU-Beitritt Serbiens, aber auch von einer sehr frühen Verhandlungsetappe, deren weiterer Verlauf von den Beziehungen zwischen Belgrad und Kosovo abhänge. Beide Seiten müssten sich wirklich bemühen, voranzukommen, so Merkel.„Berlin und Brüssel erwarten von Serbien die Anerkennung der Kosovo-Unabhängigkeit“, sagte der russische Europa-Experte Pawel Kandel. Die jetzigen Behörden machten bereits große Zugeständnisse, die Kosovo-Unabhängigkeit sei de facto anerkannt worden. Es seien Verhandlungen mit Kosovo aufgenommen worden. Und das Wichtigste – Nordkosovo, wo Serben leben, steht unter der Verwaltung Pristinas.
Allerdings kommt der Dialog zwischen Belgrad und Pristina nicht voran. Merkel werde sowohl Pristina als auch Tirana unter Druck setzen. Serbien sei noch nicht zur formellen Anerkennung der Kosovo-Unabhängigkeit bereit und könne auf diesen Schritt erst eingehen, wenn die Gespräche über den EU-Beitritt in eine realistische Dimension treten, so der Experte.
Ein weiterer wichtiger Aspekt des Merkel-Besuchs auf dem Balkan sei: Seit Beginn der Ukraine-Krise seien die EU und vor allem Deutschland über eine mögliche Zunahme des russischen Einflusses in der Region beunruhigt, wie Experte Kandel ausführt. Deswegen versuche die EU das Zusammenwirken mit den Westbalkan-Staaten zu stärken und ihre Zuversicht auf einen EU-Beitritt zu pflegen. Als erstes Balkan-Land soll das kleine Montenegro aufgenommen werden, weil dies für die EU am wenigsten aufwendig sei, so der Experte.
Ein weiterer Verhandlungspunkt ist die Turkish-Stream-Pipeline. Serbiens Botschafter in Russland, Slavenko Terzic, sagte vor einigen Tagen, dass sein Land an russischen Gaslieferungen als Teil dieses Projekts interessiert sei. Doch die Zukunft dieses Projekt hänge von der EU ab. Ohne Zustimmung der EU würde die Pipeline höchstens bis zur griechischen Grenze gebaut. Kandel zufolge kann Brüssel die Turkish-Stream-Pipeline als Druckinstrument benutzen. Dennoch eher theoretisch, weil eine EU-Erweiterung in den kommenden fünf Jahren nicht zu erwarten sei, so der Experte.
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