Sarajevo sieht den Volksentscheid jedoch als Gefahr für die territoriale Integrität des Landes. „Das ist der gröbste Verstoß gegen das Abkommen von Dayton“, sagte das Mitglied des bosnischen Präsidiums (dieses Gremium übt Funktionen des „kollektiven Präsidenten“ aus), Bakir Izetbegovic. „Dodik (Präsident der Republika Srpska) destabilisiert mit seiner Rhetorik die Situation in Bosnien seit nahezu zehn Jahren.“
Auch die EU und die USA warnten Dodik vor „Spielen mit dem Feuer“ und drohten mit negativen Folgen.
Moskau unterstützt die bosnischen Serben. Russlands Botschafter in Sarajevo, Pjotr Iwanzow, sagte, dass niemand die Entscheidung des Parlaments der Republika Srpska ignorieren dürfe, das die Interessen der Hälfte der bosnischen Bevölkerung vertrete. „Die Rolle der Weltgemeinschaft und ihres Hohen Vertreters besteht nicht darin, jemanden zu einem ‚schlechten Kerl‘ abzustempeln, sondern darin, die Aussöhnung zwischen den Völkern zu fördern“, betonte der Diplomat.Das Referendum in der Republika Srpska ist bereits das zweite Streitthema zwischen Russland und dem Westen im Zusammenhang mit Bosnien. Anfang Juli hatte Moskau bei einer Abstimmung über einen von Großbritannien initiierten Resolutionsentwurf im UN-Sicherheitsrat auf sein Vetorecht zurückgegriffen, dem zufolge der Mord an etwa 8000 Muslimen im Sommer 1995 in Srebrenica als Völkermord anerkannt werden sollte. Danach verweigerte Botschafter Iwanzow die Teilnahme an den Trauerveranstaltungen zum 20. Jahrestag der damaligen Ereignisse.
Kontroversen zwischen Russland und dem Westen in Bezug auf Bosnien bestehen schon seit langem. Brüssel und Washington bestehen auf der Integration dieses Landes in die EU und die Nato. Moskau stemmt sich dagegen und verlangt eine strikte Umsetzung des Abkommens von Dayton, das die Basis der aktuellen Machtstruktur in diesem Land bildet.
Andererseits könnte Moskau dabei auch falsch liegen. Denn erstens hatte Dodik schon häufig irgendwelche Volksentscheide angekündigt, unter anderem über den Austritt der Republika Srpska aus Bosnien, aber dazu ist es nie gekommen. Zweitens muss Dodik immer Rücksicht auf die Position des „großen Bruders“ in Belgrad nehmen. Ausgerechnet der serbische Ministerpräsident Aleksandar Vucic, der sich um die EU-Integration seines Landes bemüht, rief Dodik dazu auf, die Zweckmäßigkeit des Referendums sowie dessen mögliche Folgen zu überdenken.
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