Jene, die den Untergang der aktiven Karriere Steinmeiers prognostizierten, als der charismatische Außenminister im Februar ins Präsidentenschloss Bellevue zog und den höchsten Staatsposten mit repräsentativen Funktionen bekleidete, irrten sich. Gerade jetzt, nachdem die Bundeskanzlerin Angela Merkel keine Koalition bilden konnte, versucht der Bundespräsident mit seinem Ansehen und seiner Erfahrung, das Land aus der Krise zu retten, womit er die größte Herausforderung für deutsche Bundespräsidenten seit fast 70 Jahren übernommen hat.

„Nicht einmal als Kanzlerkandidat war Steinmeier in der SPD so einflussreich wie jetzt als Bundespräsident mit ruhender Parteimitgliedschaft“, schreibt die Zeitung „Süddeutsche Zeitung“.
Laut Grundgesetz ist der Bundespräsident zwar überparteilich, doch die SPD nennt ihn „heimlichen Vorsitzenden“ der Partei, der die Führung zu einem Kompromiss mit den Konservativen bewegen könne. Der erfahrene Politiker ist seit über 40 Jahren SPD-Mitglied, er war einst stellvertretender Parteivorsitzender, Fraktionschef, Kanzlerkandidat. Der Mann, der einst gegen Merkel bei der Bundestagswahl verloren habe, könne nun vielleicht die einzige Person sein, die ihre Lage retten könne, so deutsche Medien. Noch widersinniger wirkt die Erklärung des Außenministers Sigmar Gabriel, der offen sagte, dass er als neuen Bundeskanzler gerade Steinmeier sehe. Doch bislang sei er Bundespräsident, so Gabriel.
Selbst Merkel, deren zwölfjährige Regierungszeit ihre ernsthafteste Krise erlebt, freute sich über die Initiative des Bundespräsidenten. „Ich weiß natürlich nicht, wie die Dinge in den nächsten Tagen weitergehen", sagte sie offen, nachdem sie fast zwei Monate nach den Wahlen keine Verbündeten für die neue Regierung gefunden hat. Sie sagte am Dienstag beim Parteitag, dass die CDU/CSU bereit sei, die Gespräche mit der SPD zur Bildung einer stabilen Regierung fortzusetzen. Jetzt liegt auf der Hand, dass vieles nach dem Treffen mit dem Bundespräsidenten am 30. November klar sein wird.
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